Direkt zum Inhalt wechseln

Lidar sorgt für mehr Sicherheit auf See

Maersk rüstet seine neuen Containerschiffe mit Software zur Wahrnehmung und Situationserkennung aus

Ihre Dimension kann eigentlich niemand übersehen – dennoch kämpfen große Containerschiffe bei der Navigation auf hoher See mit Risiken und Unwegsamkeiten: Insbesondere Kollisionen mit kleineren maritimen „Verkehrsteilnehmern“ wollen Reedereien wie Maersk auf jeden Fall vermeiden. Um zu sehen, was auf ein Containerschiff zukommt, braucht das Auge seines Steuermannes allerdings oft technische Unterstützung. Denn obwohl sein Führerstand hoch positioniert ist, ergibt sich durch die Länge des Schiffes und die gestapelten Container ein toter Winkel unmittelbar vor dem Bug. Abhängig von den Abmessungen eines Frachters kann sich der blinde Fleck bis zu mehreren hundert Metern ausdehnen. Gerät ein kleineres Schiff in diesen Raum oder lässt die Witterung keine klare Sicht zu, kann der Steuermann Hindernisse auf seinem Kurs nur noch mithilfe der Sensoren orten. Traditionell nutzen die Schiffe großer Reedereien dazu das Bord-Radar.

Radar sieht nicht alles

Die frühe Radartechnologie wurde bereits im Jahr 1904 zum Patent angemeldet. Radar (radio detection and ranging) ortet Objekte, indem es Radiowellen aussendet und das zurückgeworfene Echo analysiert. Hoch auflösende Systeme liefern auf diese Weise Daten zu Größe, Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung des georteten Objektes. Eine Schwierigkeit, die beispielsweise Tarnkappenflugzeuge ausnutzen, liegt in der Materialbeschaffenheit der reflektierenden Gegenstände. So liefert Radar gute bildliche Resultate bei Metallflächen und anderen Stoffen mit hoher elektrischer Leitfähigkeit (z.B. Gewitterwolken). Aus Verbundstoffen und schlecht leitenden Materialien gefertigte Objekte hingegen bleiben auf dem Radarschirm lange unsichtbar. Diese Tatsache bringt auf See vor allem Schiffe aus Holz oder Fiberglas in Gefahr. Zwar gilt generell die Empfehlung, insbesondere kleine Sportboote stets mit metallischen Radar-Reflektoren auszurüsten, doch ist dies in der Praxis längst nicht die Regel.

Mehr Sicherheit durch Lidar

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Hinter der Abkürzung Lidar steckt light detection and ranging. Hierbei handelt es sich um eine dem Radar verwandte Ortungstechnologie, die Laserstrahlen anstelle der Radiowellen nutzt. Diese werden mit hoher Frequenz, teilweise bis zu 150.000 Impulsen pro Sekunde, ausgesendet und erzeugen eine Reflexion, wenn sie auf Objekte treffen. Anhand des „Echos“ ermittelt die Lidar-Technologie akkurat die Geschwindigkeit und die Größe des detektierten Gegenstandes. Gegenüber Radarwellen bietet die Lasertechnik den Vorteil, dass auch Materialien, die nicht leiten, genau identifiziert werden. Lidar wird bereits erfolgreich bei mobilen Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr sowie zur Hinderniserkennung in fahrerlosen Transportfahrzeugen eingesetzt. Das Wahrnehmungssystem, mit dem Maersk aktuell die neuen Containerschiffe der Eisklasse 1 A ausrüsten lässt, arbeitet ebenfalls mit Lidar.

Lidar bildet allerdings nur einen Teil des auf künstlicher Intelligenz basierenden Systems für Wahrnehmung und Situationserkennung, das Maersk einsetzen will. Bei der Ausrüstung ihrer Frachter mit der entsprechenden Software für Lidar, Computer Vision und Wahrnehmung kooperiert die Reederei mit dem Bostoner Start-up Sea Machines Robotics. Laut Aussage der Entwickler sei die neue Situational Awareness Technology für Schiffe mit den modernen Fahrerassistenzsystemen (ADAS: Advanced Driver Assistance Systems) für Kraftfahrzeuge vergleichbar. Dabei soll die KI die Objektidentifizierung, das Situationsbewusstsein und das Erkennen von Konflikten auf See verbessern. Zu diesem Zweck sammeln Sensoren kontinuierlich Informationen aus der Umgebung des Frachters, die sich vom Steuerhaus aus überwachen lassen.

Kein autonomes Schiff geplant

Maersk und Sea Machines wollen den Beweis antreten, dass mithilfe der KI die Situationswahrnehmung der Seeleute gesteigert und die Sichtfeldbeschränkung auf der Brücke aufgehoben werden kann. Obgleich die neu entwickelte Technologie als Basis für ein zukünftiges automatisches Anti-Kollisions-System dienen könnte, plant Maersk kein vollständig autonomes Schiff. Einzelne Technologien, die auf dem Weg dorthin entstehen, seien für die Reederei von größerem Interesse, so P. Michael A. Rodey, Senior Innovation Manager. Im Ganzen könne mit der neuen Technik ein Zuwachs an Sicherheit, Verlässlichkeit und Effizienz erreicht werden.

Sea Machines Robotics auch in Hamburg

Sea-Machines-CEO Michael Johnson betrachtet die Partnerschaft mit Maersk als erfolgreichen Vorstoß in den Schifffahrtssektor. „Unsere Mission ist es, die maritime Industrie mit der Technologie des 21. Jahrhunderts voranzutreiben“, so Johnson. Um die wachsende Nachfrage ihrer Produkte zu beantworten, vergrößerte das Unternehmen kürzlich seinen Standort in Hamburg und erweiterte ihn um eine Andockstelle für die firmeneigenen Testboote. Im Zuge der steigenden Nachfrage nach den autonomen Schiffs-Navigationssystemen in Europa und des Vertrages mit Maersk konnte sich das Unternehmen in den vergangenen anderthalb Jahren in seiner Größe vervierfachen. Ein zukünftiges Projekt für Sea Machines ist die Zusammenarbeit mit den dänischen Bootsbauer Tuco Marine, die unter anderem das weltweit erste autonome und fernsteuerbare Feuerlöschboot hervorbringen soll.

Über den Autor

Andreas Atrott

Über 12 Jahre Erfahrung in der Container Branche. Neben dem Containerhandel mit 3000+ Kunden verwandelt er mit seinem Team aus Containern spannende Umbauprojekte. Herr Atrott ist Gründer & Geschäftsführer der Containerbasis GmbH mit Sitz in Hamburg.
Weitere Infos zu Herrn Atrott findest du hier.

Hinterlassen Sie einen Kommentar