RFID als neuer Standard in der Container-Identifikation und -Ortung?
RFID-Tags ermöglichen Container-Identifikation und Ortung per Radiowellen
Die Identifizierung mithilfe elektromagnetischer Wellen ist zumindest beim Endverbraucher längst im Alltag angekommen: Einige Modelabels statten ihre Ware längst mit den Funketiketten aus, der deutsche Personalausweis besitzt seit 2010 ebenfalls einen unauffällig auslesbaren RFID-Transponder. Wer seinem Hund oder seiner Katze beim Tierarzt einen Chip unter die Haut implantieren lässt, vertraut ebenfalls auf den Nutzen der RFID-Technologie.
Im Falle von Seecontainern ermöglichen passive RFID-Etiketten beim Auslesen die lebenslange und zweifelsfreie Identifikation der Frachtbox; aktive Varianten der Tags senden dagegen permanent Daten an Empfänger in ihrer Umgebung aus. Zwar diskutieren Fachleute seit einigen Jahren den flächendeckenden Einsatz von RFID-Tags, um den weltweiten Einsatz zu realisieren, gilt es jedoch, eine Branchenübereinkunft zwischen Terminalbetreibern und Reedern bzw. Container-Eignern zu finden. Während Terminals bei der flächendeckenden Ausstattung von Containern mit RFID-Tags vor allem durch effizientere Betriebsabläufe profitieren, liegt der Nutzen für Logistiker vor allem in der größeren Planungssicherheit für ihre Kunden, die durch lückenloses Container Tracking gewährleistet wird.
Schnellere Abwicklung am Gate
Eine durchgängige Identifikation aller Container durch RFID ist vor allem für Terminalbetreiber wünschenswert: Wenn Container-IDs automatisch ausgelesen und mit Frachtpapieren abgeglichen werden und damit die lückenlose Verfolgung der Frachtboxen auf dem Hafengelände möglich wird, beschleunigt sich die Abwicklung am Gate erheblich. Aktive RFID-Tags ermöglichen zusätzlich die Kommunikation mit externen Geräten. So können Echo-Tags, die an Kränen angebracht sind, ihre ID permanent in einem Umkreis von 300 Metern aussenden. Das Signal wird wiederum durch RFID-Ortungseinheiten der Container registriert und schafft mehr Transparenz im Ladevorgang. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die RFID-Ortungseinheiten mehrerer Container zu einer elektronischen Kette zusammenzuschalten. Im Falle des Verschwindens eines Kettengliedes aus der Gruppe verschicken die verbliebenen Einheiten eine automatische Alarmmeldung.
So vielseitig die Möglichkeiten von RFID-Tags auch ausfallen – vonseiten der Hafenterminals lohne sich der Einsatz laut Thorsten Neubert von der Hamburg Port Consulting GmbH nur, wenn die Technologie zum Standard wird. Dafür müssten die Tags bereits von der Zulassung an am Container angebracht sein, was die Frage aufwirft, wer sie mit den Transport begleitenden Informationen programmiert.
RFID Bolzensiegel als Alternative
Um das Tempo der Containerabfertigung zu steigern, will der Verein Hamburger Spediteure seine Mitglieder motivieren, im Export mit Radiowellen-Technologie ausgestattete Bolzensiegel als Alternative zu RFID-Tags zu nutzen. Die Plomben enthalten einen Chip mit einzigartigem Identifizierungscode; zudem lässt sich beim Auslesen erkennen, ob das Siegel manipuliert wurde oder unberührt ist. In Zusammenspiel mit der zunehmenden Nutzung von OCR-Gates, die Containernummern mittels hochauflösender Videotechnologie automatisch scannen, tragen sie zur Beschleunigung der Abfertigung bei. Ob das Siegel des Containers unversehrt ist, wird ohne RFID-Plomben bislang durch Sichtprüfung festgestellt. Diese Kontrolle sowie die papierbasierte Dokumentation dauern in der Regel mehrere Minuten pro Container.
Wirtschaftlichkeit und Sicherheit als beste Argumente für die flächendeckende RFID-Ausstattung
Prof. Dr. Thorsten Blecker von der Technischen Universität Hamburg-Haburg gibt zu Bedenken, dass die Akteure noch zögern RFID-Tags einzusetzen, da sich Invest und Nutzen ungleich verteilt zeigen. Während in erster Linie die Terminalbetreiber investieren müssten, um die nötige Infrastruktur für die RFID-Technologie zu schaffen, läge der Nutzen dagegen vor allem bei Spediteuren und Versendern. Auf dieser Seite fehle jedoch die Bereitschaft, für den Zugewinn zu zahlen, so Blecker. Reedereien, die ebenfalls unter hohem wirtschaftlichen Druck stünden, investierten nur begrenzt in RFID-Technologie. Eine Motivation könnte an dieser Stelle mit der gesteigerten Sicherheit geschaffen werden, die RFID-Siegel bieten, indem sie ein unberechtigtes Öffnen des Containers automatisch anzeigen.
Standardisierte Systeme werden gebraucht
RFID-Tags und -Siegel werden in den ISO-Standards 10891 und 18185 definiert:
Der Licence Plate Tag ISO/TS 10891 ist dabei als fest montierter Read-only-Tag beschrieben, dessen Dateninhalte sich allein auf die physische Identifizierung und Beschreibung des Containers beziehen. Die ISO-Standards umfassen sowohl die Anbringung des Tags am Container als auch seine technischen Spezifikationen, die den Anforderungen der widrigen Bedingungen eines Seetransports entsprechen müssen. Der Tag verbleibt in der Regel über die gesamte Nutzungsdauer am Container.
Seit 2007 existiert zudem der ISO-Standard 18185 für E-Seals, der unter den ISO 18000-Standard „RFID for Item Management“ fällt und die technischen Spezifikationen sowie die Anwendungsstandards für RFID-Siegel und die zugehörigen Systeme definiert.
Obgleich bereits seit Jahren weltweit gültige Standards für RFID-Tags und -Siegel bestehen, gibt es Nachholbedarf bei den Details: Das Aussehen der Siegel, der Typ des Lesegerätes und die Verwendung von aktiven und passiven Systemen variieren je nach Produkt, wobei die Zahl der Anbieter begrenzt ist. Um zu beurteilen, ob sich die Investition in die Infrastruktur am Terminal lohnt, müsste in naher Zukunft eine große Zahl Container weltweit mit RFID-Siegel ausgestattet werden.
RFID plus GSM und GPS für Ortung und maximale Sicherheit
Die RFID-Technlogie bildet eine essenzielle Komponente moderner Ortungslösungen, die sowohl das Tracking der Container als auch die Überwachung des Transportgutes erleichtern. In etwa 5 mal 5 Zentimeter messenden kombinierten Ortungseinheiten ist neben der GSM– und GPS-Technologie zur Ortsbestimmung auch aktive RFID-Sensorik untergebracht, die kontinuierlich Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichteinfall misst und übermittelt. Auf diese Weise erhält man bereits während des Transports die Information, ob eine unterbrochene Kühlkette oder das Eindringen von Wasser der Ware gefährlich wird.
Über den Autor
Andreas Atrott
Über 12 Jahre Erfahrung in der Container Branche. Neben dem Containerhandel mit 3000+ Kunden verwandelt er mit seinem Team aus Containern spannende Umbauprojekte. Herr Atrott ist Gründer & Geschäftsführer der Containerbasis GmbH mit Sitz in Hamburg.
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